Bestrahlung des Akustikus­neurinoms mit Gamma-Knife (Radiochirurgie)

Das Gamma-Knife ist ein Therapiegerät, das mit radioaktiver Strahlung arbeitet. Es wurde 1968 erstmals am Menschen klinisch getestet und seither stetig weiter­entwickelt. Die ambulante Behandlung ist schmerzfrei und wird in der Regel in einer Sitzung durchgeführt.

Wirkprinzip und Technik beim Gamma-Knife

Das Gamma-Knife ist ausschliesslich für die Bestrahlung von Prozessen innerhalb des Schädels konzipiert. Es besteht aus 192 radioaktiven Cobalt-60 Quellen, welche halbkugelförmig angeordnet sind und natürliche, sogenannte Gamma­strahlung abgeben. Durch einen helmförmigen Kollimator werden die Strahlen auf einen Zielpunkt im Kopf des Patienten oder der Patientin gebündelt. So treffen alle Strahlen mit einer hohen Dosis auf einen einzelnen Punkt, während das Gewebe ausserhalb des Ziel­volumens eine sehr geringe Strahlendosis erfährt.

Prinzip der Gamma-Knife-Bestrahlung
Prinzip der Gamma-Knife-Bestrahlung

Ablauf der Gamma-Knife-Behandlung

Die radiochirurgische Behandlung mit dem Gamma-Knife wird ambulant durchgeführt. In der Regel ist eine Sitzung notwendig.

Bestrahlungsplanung

Als erster Behandlungsschritt wird der Kopf der Patientin oder des Patienten fixiert. Dies wird heutzutage mit einer Gesichtsmaske oder einem Kopfrahmen gemacht.

Methoden zur Kopffixation

Die Gesichtsmaske besteht aus leichten Materialien, welche sich bei Erwärmung der Gesichtsform anpassen und so den Kopf des Patienten fixieren. Die Vorteile der Maske sind, dass die Fixation weniger invasiv, also weniger schmerzhaft ist und dass die Simulation und effektive Bestrahlung an unterschiedlichen Tagen erfolgen können. Dafür sollte bei der Maske während der Bestrahlung ein „Bewegungs­tracking“ erfolgen, damit die Bestrahlung bei allfälligen Kopfbewegungen sofort gestoppt werden kann.

Der Rahmen wird mit vier kleinen Dornen am Kopf des Patienten befestigt, was Schmerzen mit sich bringen kann. Durch die vorgängige lokale Betäubung sind diese jedoch gut auszuhalten. Der Rahmen sorgt für eine bessere Fixation als bei der Maske. Dadurch ist kein Bewegungs­tracking notwendig. Bei der Anwendung muss jedoch das erstmalige Anbringen des Rahmens, die Planung und auch die Bestrahlung am selben Tag erfolgen.

Mit dem fixierten Kopf wird nun eine CT- oder MRI-Aufnahme gemacht. Dadurch weiss das Computer­programm genau, wie die räumliche Beziehung vom Zielvolumen (=Vestibularis­schwannom) zum fixierten Rahmen am Kopf oder zur Gesichtsmaske ist. Das ist essentiell für die Bestrahlungs­planung, also für die präzise Einstellung der Richtung und Dosierung der Strahlen. Bei den neueren Gamma-Knife Geräten ist ein CT direkt integriert. Diese können vor der Bestrahlung eine aktuelle Bildgebung machen, um die korrekte Lage der Patientin oder des Patienten zu verifizieren.

Bestrahlung

Sobald die Bestrahlungs­planung abgeschlossen ist, wird die Patientin oder der Patient in den Bestrahlungs­raum gebracht. Dort wird sie oder er auf eine Liege gelegt. Kissen sorgen für eine bequeme Position. Manchmal erfolgt zur Überprüfung der korrekten Lage der Patientin oder des Patienten eine letzte Bildgebung mittels einer im Gamma-Knife integrierten CT.

Anschliessend wird die Patientin oder der Patient kopfvoran auf der Liege in das Bestrahlungs­gerät gefahren. Während der Bestrahlung ist die Patientin oder der Patient wach und kann jederzeit mit dem Ärzteteam kommunizieren oder Musik hören. Einige Patientinnen oder Patienten schlafen während der Bestrahlung ein, was ebenfalls kein Problem ist. Wichtig ist nur, dass sich die Position des Kopfes nicht verändert. Bei den neueren Bestrahlungs­geräten und insbesondere bei der Verwendung einer Maske erfolgt deshalb ein sogenanntes Kopfbewegungs-­Tracking. Dieses erkennt in Echtzeit, ob sich der Kopf zu stark bewegt, woraufhin die Bestrahlung automatisch pausiert werden kann. Die Bestrahlung ist schmerzfrei und dauert in der Regel weniger lang als eine Stunde. Das ist jedoch sehr individuell und hängt von der Grösse des zu bestrahlenden Tumors ab.

Gamma-Knife-Gerät mit Liege
Gamma-Knife-Gerät mit Liege

Sobald die Bestrahlung des gesamten Akustikus­neurinoms abgeschlossen ist, wird die Liege wieder aus dem Bestrahlungs­gerät gefahren und die Patientin oder der Patient von der Kopf­fixation gelöst. Sollte der Kopf mit einem Rahmen befestigt worden sein, verheilen die Befestigungs­stellen normalerweise ohne Spuren.

Nachsorge

Der nicht entfernte, sondern «nur» inaktivierte Tumor muss nach der Bestrahlung aktiv überwacht werden. Ausserdem ist zu ermitteln, ob Neben­wirkungen (siehe «Allgemeines zur Bestrahlung») aufgetreten sind. Anhand neuer MRT-Aufnahmen wird das Tumorvolumen genau ausgemessen. Wegen der langen Schrumpfungs­dauer gutartiger Tumore wie dem Akustikus­neurinom werden Kontroll­intervalle von anfangs wenigen Wochen bis dann einem Jahr vereinbart. Das ist lebenslang erforderlich. Neben MRT-Aufnahmen findet ausserdem stets eine neurologische Untersuchung statt.

Gamma-Knife-Zentren

In der Schweiz wird das Gamma-Knife einzig in Lausanne genutzt:


In Deutschland und Österreich haben nachfolgende Zentren Erfahrungen bei der Bestrahlung von Akustikusneurinomen:






Darüber hinaus werden Gamma-Knife Bestrahlungen in mehreren Universitätskliniken in Deutschland durchgeführt.

Quellenverzeichnis

Battista RA. Gamma knife radiosurgery for vestibular schwannoma. Otolaryngol Clin North Am. 2009 Aug;42(4):635-54. doi: 10.1016/j.otc.2009.04.009. PMID: 19751869.

Hamm, K., Herold, HU., Surber, G. et al. Radiochirurgie und fraktionierte stereotaktische Radiotherapie des Vestibularisschwannoms. HNO 65, 434–442 (2017). https://doi.org/10.1007/s00106-016-0319-3

Li W, Cashell A, Lee I, Tamerou M, Coolens C, Bernstein M, Kongkham P, Laperriere N, Shultz D. Patient perspectives on frame versus mask immobilization for gamma knife stereotactic radiosurgery. J Med 

Imaging Radiat Sci. 2020 Dec;51(4):567-573. doi: 10.1016/j.jmir.2020.08.001. Epub 2020 Aug 22. PMID: 32839140.

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