Ein langsam wachsender Hirntumor wie das Akustikusneurinom
entwickelt sich über Jahre, nicht selten über Jahrzehnte, und verursacht
dementsprechend über einen langen Zeitraum auch oft nur wenige Beschwerden.
Da das Akustikusneurinom an der Nervenhülle des Nervus vestibulocochlearis (8. Hirnnerv mit einem Gleichgewichts- und einem akustischen Anteil) wächst, betreffen die ersten Störungen folglich das Gleichgewicht und das Gehör des von einem Akustikusneurinom Betroffenen.
Das häufigste und meist auch das erste Symptom ist eine einseitige Abnahme des Hörvermögens. Die Hörminderung tritt meist langsam, schleichend auf. Die Betroffenen merken die Hörstörung oft sehr spät oder zufällig, z.B. beim Telefonieren oder im Rahmen einer Routineuntersuchung. Auffällig wird vor allem eine Hochtonschwerhörigkeit – man hört plötzlich den Vogelgesang nicht mehr oder verändert. Das Akustikusneurinom macht sich nicht selten aber auch durch einen Hörsturz, d.h. durch eine plötzlich eintretende, einseitige, fast vollständige Hörminderung bemerkbar. In vielen Fällen kommt es nach einer mehrtägigen Infusionsbehandlung mit durchblutungsfördernden Mitteln zu einer Besserung bzw. Behebung der Hörminderung. Das ist aber nicht von Dauer. Im weiteren Verlauf treten weitere Hörstürze auf, und das Hörvermögen wird zunehmend schlechter. Mehrere Hörstürze weisen meist auf ein Akustikusneurinom hin.
Die zunehmende Schwerhörigkeit wird nicht selten von Ohrgeräuschen – Tinnitus – begleitet; der Tinnitus kann sogar das erste Symptom sein, ohne dass der Betroffene eine Hörminderung spürt und hat. Auch der Tinnitus liegt, wie die Hörminderung, meist im Hochtonbereich. Er wird von den meisten Betroffenen als stark belastend empfunden.
Obwohl das Akustikusneurinom meist vom oberen Anteil des Gleichgewichtsnervs ausgeht, rangieren Schwindel und Gleichgewichtsbeschwerden erst an dritter Stelle als Akustikusneurinom-Symptom. Sie zeigen sich als Schwankschwindel, selten auch als Drehschwindel und als Gangunsicherheit. Oft geben die Akustikusneurinom-Erkrankten erst nach konkretem Befragen zu, ab und zu ein diffuses Unsicherheitsgefühl zu spüren, meist in der Dunkelheit und bei raschen Kopf- und Körperbewegungen. Die Ursache für das späte subjektive Empfinden liegt darin, dass das Akustikusneurinom meist sehr langsam wächst und das Gehirn so in der Lage ist, gestützt auf das intakte System auf der anderen Kopfseite, das eine ausfallende Gleichgewichtssystem zu kompensieren. Das hat u.a. auch die angenehme Folge, dass nach einer Operation keine nennenswerten Gleichgewichtsprobleme mehr auftreten.
Diese drei Symptomkomplexe treten schon auf, wenn das Akustikusneurinom noch relativ klein ist und sich vorwiegend oder ausschliesslich im knöchernen Gehörgang befindet (die Lage ist dann intrameatal). In diesem engen, knöchernen Raum wird der Gesichtsnerv (Facialisnerv) oft plattgedrückt, behält aber noch lange seine Funktion. Durch den langsamen Verlust der Gleichgewichtsfunktion kann das Gehirn die Funktion des Gleichgewichtssystems ausgleichen. Der Hörnerv aber reagiert am empfindlichsten auf Störungen (Komprimierung und verringerte Blutzufuhr). Deshalb sind Hörstörungen meist das erste Symptom.
Akustikusneurinome wachsen in aller Regel langsam bis sehr langsam. Sie können jahrzehntelang unbemerkt bleiben, d.h. keine Symptome hervorrufen, die der Betroffene als abnorm, lästig, störend oder gar schmerzhaft empfindet. Warum und wann der Zustand eintritt, dass die gereizten Nerven rebellieren, d.h. sich zu Wort melden, ist nicht vorherzusagen. Es gibt aber bei einigen Patienten regelrechte Wachstumsschübe. Doch auch hier gibt es keine bewiesenen Ursachen und Zusammenhänge. Es gibt Hinweise darauf, dass besondere Situationen, die für den gesamten Organismus und das Immunsystem anstrengend bis stressig sind, der Grund für ein zeitweises rascheres Wachstum sein können – etwa eine Schwangerschaft oder eine belastende Operation an einem anderen Körperteil. Aber noch ist nichts bewiesen. Es ist jedoch unbedingt zu betonen, dass hier vom Wachstumstempo gesprochen wird – Schwangerschaft oder Operationen sind auf keinen Fall die Verursacher des Akustikusneurinoms!
Die unterschiedlichen Symptome treten auch nicht in einer bestimmten Folge und auch nicht in einer bestimmten Kombination auf. Symptome können auch zeitweise wieder verschwinden und dann schwächer oder stärker wieder auftauchen, für eine bestimmte Zeit oder von da an ständig. Es gibt eben keine allgemeingültige Regel.